Hugo von Sankt Viktor - Institut
für Quellenkunde des Mittelalters

Acciones integradas. Ministerio de Ciencia e Innovación / DAAD

Discovering Religion as a Historical Phenomenon:
Changes in the Perception of Judaism, Christianity and Islam in the Middle Ages

Barcelona / Frankfurt am Main, 2009-2010

1. Aufgabenstellung

Der seit 1. Januar 2009 für zwei Jahre etablierte spanisch-deutsche Austausch zwischen zwei Forschergruppen der Universitat Autònoma de Barcelona und der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen, Frankfurt am Main, hat sich zum Ziel gesetzt, die sich aus der Begegnung von Juden, Christen und Muslimen ergebenden Bedingungen zur Perzeption von religiösen Traditionen und Erfahrungen während des Mittelalters zu untersuchen. Auf diese Weise sollen die Entdeckung der geschichtlichen und kulturellen Dimension der eigenen und fremden Religion und ihre Konsequenzen für einen veränderten Umgang der Religionen miteinander besser beschrieben werden. Der interdisziplinäre Ansatz, an dem acht Wissenschaftler (Andrea Baer M. A., Prof. Dr. Óscar de la Cruz Palma, Prof. Dr. Cándida Ferrero Hernández, Prof. Dr. Alexander Fidora, Prof. Dr. José Martínez Gázquez, Dipl.-Theol. Christoph Körner, Prof. Dr. Jaume Mensa und PD Dr. Matthias M. Tischler) aus sechs Fachbereichen (Philosophie, Theologie, Geschichte, Latinistik, Orientalistik und Romanistik) teilnehmen, untersucht hierzu im Zeitraum vom 8. zum 15. Jahrhundert zentrale Gestalten, Texte und Perioden sowie ihre systematischen Fragestellungen. In den Blick genommen werden Formen der Geschichtsschreibung (Tischler; Ferrero Hernández), des Dialogs (Fidora; Körner), der Polemik (Baer; Mensa), der Übersetzung (de la Cruz Palma) und der Kommentierung (Martínez Gázquez).

2. Bericht zum Arbeitsprogramm im Jahr 2009

Zur Etablierung des Austauschs fanden sich die beiden Forschergruppen im Zeitraum vom 3.-18. April 2009 in Barcelona zusammen, um sich näher kennenzulernen. Auf einem Treffen am 15. April 2009 wurde die gemeinsame Fragestellung präsentiert und ihre Umsetzung in den Einzelprojekten der Teilnehmer diskutiert. In dem genannten Zeitraum konnten die deutschen Teilnehmer Andrea Baer und Christoph Körner ihre Forschungsprojekte zudem durch gezielte Literaturrecherche in den Bibliotheken der Universitat Autònoma der Barcelona, der Universidad de Barcelona und der Biblioteca de Catalunya vorantreiben. Den Zeitraum vom 10.-16. April 2009 nutzte Matthias M. Tischler, um seine Forschungen zur Entdeckung des Islam in der lateinischen Geschichtsschreibung der Iberischen Halbinsel weiterzuführen. Zudem besprachen in diesem Zeitraum die Verantwortlichen des Austauschs, Alexander Fidora und Matthias M. Tischler, das inhaltliche und methodische Vorgehen der beiden Forschergruppen im Sommer 2009. Es wurde für Juli der spanische Gegenbesuch in Frankfurt am Main vereinbart, der dazu genutzt werden sollte, die Arbeit der Barceloniner Partner einer größeren Öffentlichkeit in Deutschland bekannt zu machen.

Vom 8.-11. Juli 2009 besuchte folglich die spanische Forschergruppe, die diesmal aus den Professoren Martínez Gázquez, Ferrero Hernández und Cruz de la Palma, bestand, die Philosophisch-Theologische Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt am Main. Die spanischen Kollegen nutzten den Aufenthalt, um ihre in Vorbereitung befindliche kritische Edition der ersten lateinischen Übersetzungen des Koran und weiterer Schriften des Islam in der zwischen 1142 und 1144 angelegten sog. Collectio Toletana des Abtes Petrus Venerabilis von Cluny unter der Fragestellung des deutsch-spanischen Austauschs zu diskutieren. Höhepunkt des Treffens war ein am 10. Juli 2009 von den spanischen Gästen und Matthias M. Tischler veranstalteter Offener Workshop zum Thema "Traducciones de textos islámicos del árabe al latín en España". In diesem Atelier wurden in drei Referaten die früheste lateinische Geschichtsschreibung der Iberischen Halbinsel mit Islamkenntnissen (Ferrero Hernández), die Werke der sog. Collectio Toletana (Cruz de la Palma) und die lateinischen Koranübersetzungen des Mittelalters (Martínez Gázquez) vorgestellt. Die Teilnehmer der Hochschule konnten dabei in Gesprächseinheiten mit den spanischen Gästen die Bedeutung und die Wirkung dieser ersten umfassenden Annäherungen lateinischer Christen an den Islam und seine Traditionen diskutieren. Der Workshop förderte in angenehmer Weise zugleich die Spanischkenntnisse seiner auswärtigen Teilnehmer.

Im Zeitraum vom 6.-9. September 2009 hielt sich der deutsche Verantwortliche des Austauschs, Matthias M. Tischler, anläßlich des “V Congreso Internacional de Latín Medieval Hispánico” erneut in Barcelona auf, um mit seinem spanischen Kollegen, Alexander Fidora, den Austausch im Jahr 2010 zu planen.

3. Ausblick auf das Arbeitsprogramm im Jahr 2010

Für den Sommer 2010 wurde nun die Durchführung eines Kolloquiums in Barcelona vereinbart, auf dem die seit dem Frühjahr 2009 erzielten Ergebnisse des deutsch-spanischen Austauschs einer größeren wissenschaftlichen Öffentlichkeit vorgestellt werden sollen. Daher wird der Workshop im Rahmen des diesmal in Barcelona tagenden “World Congress for Middle Eastern Studies” im Zeitraum vom 19.-24. Juli 2010 stattfinden. Auf dem Workshop soll die Frage behandelt werden, wie im Mittelalter Juden, Christen und Muslime ein Bewußtsein für die Historizität von eigenen und fremden religiösen Traditionen entwickelt haben. Im Mittelpunkt der Überlegungen werden Fragen nach den Methoden und Medien von religiöser Selbst- und Fremdperzeption stehen. Die Ergebnisse der Tagung sollen in einer selbständigen Publikation dokumentiert werden.

Kontakt:

Prof. Dr. Alexander Fidora
Departament de Ciències de l'Antiguitat i de l'Edat Mitjana
Universitat Autònoma de Barcelona
Edifici B
E- 08193 Barcelona
E-Mail: 


PD Dr. Matthias M. Tischler
Philosophisch-Theologische Hochschule Sankt Georgen
Hugo von Sankt Viktor-Institut
Offenbacher Landstr. 224
D - 60599 Frankfurt am Main
E-Mail: 



© Prof. Dr. Alexander Fidora / PD Dr. Matthias M. Tischler